Deutsches Erbrecht und seine Rechtsquellen

Ausgehend von der Grundnorm des Artikel 14 I Grundgesetz ist das Erbrecht als Grundrecht im Grundgesetz zwar nicht ausdrücklich aber konkludent erwähnt.

Die Weitergabe des Vermögens von einer Generation auf die nächste Generation oder aber auch an Dritte ist somit nach derzeitiger Rechtsauffassung grundgesetzrechtlich geschützt.

Im Einzelnen ist das Erbrecht im fünften Buch des BGB, § 1922 ff., mit etwa 500 Paragrafen niedergelegt, in Nebengesetzen kommen weitere 500 – 1.500 gesetzliche Regelungen hinzu.

Es gibt hier lediglich in den letzten Jahren sehr punktuelle Reformen, nämlich zuletzt zum 01.01.2010. Hieran zeigt sich, dass das Erbrecht im deutschen Recht eine besondere, stabile Ausprägung hat.

Zurückkehrend zu Artikel 14 Abs. I Grundgesetz kann man festhalten, dass Eigentum und Erbrecht gewährleistet werden. Lediglich Inhalt und Schranken können durch Gesetze bestimmt werden, so beispielsweise durch das BGB.

Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, veröffentlich in BVerfGE 91,346,358 wurde die Existenz und die Effektivität eines privaten Erbrechts garantiert, indem dort ausgeführt wird, was folgt:
Das Erbrecht hat die Funktion, das Privateigentum als Grundlage der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung mit dem Tode des Eigentümers nicht untergehen zu lassen, sondern seinen Fortbestand im Wege der Rechtsnachfolge zu sichern. Die Erbrechtsgarantie ergänzt insoweit die Eigentumsgarantie und bildet zusammen mit dieser die Grundlage für die im Grundgesetz vorgegebene, private Vermögensordnung.

Es wurde hier auf dieser Ebene durch mehrere Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen niedergelegt, dass z.B. das Vererbungsrecht (Testierfreiheit, das Recht, zu vererben) in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgericht veröffentlicht, in der NJW-RR2010,156 normiert und dort wurde nochmals verstärkend niedergelegt, was folgt:
Die Testierfreiheit als Bestandteil der Erbrechtsgarantie umfasst die Befugnis des Erblassers, zu Lebzeiten einen von der gesetzlichen Erbfolge abweichenden Übergang seines Vermögens nach seinem Tod an einen oder mehrere Rechtsnachfolger anzuordnen, insbesondere einen gesetzlichen Erben von der Nachlassbeteiligung auszuschließen und wertmäßig auf den gesetzlichen Pflichtteil zu beschränken.

Hier unterscheidet sich das deutsche Erbrecht im Wesentlichen vom italienischen Erbrecht und vom schweizer Erbrecht.

Das Bundesverfassungsgericht hat aber auch entschieden, dass es ein Recht gibt, zu erben. Es hat ausgeführt, was folgt:
Dem Recht des Erblassers zu vererben, dass durch seine Testierfreiheit geschützt ist, entspricht das Recht des Erben, kraft Erbfolge zu erwerben. Auch der Erbe genießt den Schutz des Grundrechts und kann ihn – jedenfalls vom Eintritt des Erbfalls an – geltend machen. Anderenfalls würde der Grundrechtsschutz mit dem Tod des Erblassers erlöschen und damit weitgehend entwertet werden.

Der Schutz des Erbrechts durch Artikel 14 Abs. I S. 2 GG dürfen im Wesensgehalt nicht angetastet werden, so Artikel 19 II GG.

Es muss hier also differenziert werden zwischen zulässigen und unzulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen.

Unzulässig wäre eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dann, wenn hier eine ausschließliche, gesetzliche Erbfolge in Deutschland zulässig wäre oder dass nur ein generelles Erbrecht des Staates in Ganzen oder in Teilbereichen möglich wäre.

Zu den zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Erbrechts zählt allerdings auch die Erbschaftssteuer solange sie nicht konfiskatorisch wird oder zur Unmöglichmachung/Beschränkung der Testierfreiheit führt.

Beschränkungen der Testierfreiheit sind allerdings zulässig, wenn es zum Beispiel um das Pflichtteilsrecht geht.

In der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 93,165 wurde ausgeführt, wenngleich die Gewährleistung von Eigentum und Erbrecht in einem Zusammenhang stehen, garantiert die Erbschaftsgarantie nicht das unbedingte Recht, den gegebenen Eigentumsbestand von Todeswegen ungemindert auf Dritte zu übertragen.

Es bestehen Möglichkeiten des Gesetzgebers zur Einschränkung des Erbrechts ins besonders durch die Erhebung einer Erbschaftssteuer, die jedoch keine Substanzbesteuerung ist.

Zusätzlich hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung von 2005, niedergelegt in der NJW2005, 1561 festgehalten:
Die grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige, wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass wird durch die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. I S. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. I GG gewährleistet.

Hier meint das Bundesverfassungsgericht, dass unabhängig, ob der Erblasser/Erblasserin fleißig und sparsam war und deswegen ein hohes Vermögen erwirtschaftet hat, dass trotzdem ohne weitere Einschränkungen lediglich durch die Bestimmung der Pflichtteilsquote Abkömmlingen ein Pflichtteilsrecht zusteht. Diese Entscheidung ist im hohen Maße fragwürdig.

Nichts desto Trotz wird es so sein, dass in den nächsten Jahrzehnten nicht zu erwarten sein wird, dass das Bundesverfassungsgericht das Pflichtteilsrecht aufheben bzw. modifizieren wird.

Mit dieser Entscheidung stellt sich die deutsche Legislative und Rechtsprechung gegen Rechtsauffassungen wie beispielsweise zum Teil in den USA.

Das grundrechtliche garantierte Erbrecht wird allerdings in einer Vielzahl von Gesetzen modifiziert, so auch in den anderen Büchern des Erbrechts wie z.B. den des Sachenrechts, § 857 BGB und insbesonders dem Familienrecht, § 1371 BGB.

Nicht zu vergessen ist auch, dass die allgemeinen Regeln des allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden sind und auch die des Schuldrechts, so z.B. § 311 b IV, V, § 331 BGB.

Zusätzlich wird das Erbrecht geregelt, so im Lebenspartnerschaftsgesetz, dort § 10 LPartG; § 6 LPartG i.V.m. § 1371 BGB.

Auch das Handelsgesetzbuch nimmt erbrechtliche Regelungen auf, so z.B. § 22 HGB – Die Fortführung der Firma.

Auch gibt es in Bundesländern Regelungen zum Erbrecht. Gemäß Art. 64 EGBGB und beispielsweise nach § 13 Grundstücksverkehrsgesetz.

Zusätzlich finden sich Regelungen im FamFG, gerade für die Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins.

Seit dem 17.08.2015 kommt auf internationaler und auch nationaler Ebene noch die europäische Erbrechtsverordnung. Hier ist das Stichwort: die Einführung des europäischen Nachlasszeugnisses.

Es kommt aber dann immer wiederrum zur Modifizierung einzelner Gesetze, so z.B. am 28.07.2017, wonach nunmehr Lebenspartnerschaften ab Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr begründet werden können.

Es muss also jeweils darauf abgestellt werden, wann welche Eheschließungen, etc. geschlossen worden sind.

Nur ganz kurz wird darauf hingewiesen, dass beispielsweise durch langwierige Auslandsaufenthalte auf den Erblasser ggf. ausländisches Recht anzuwenden ist, wenn hier nicht entsprechende Regelungen vorgenommen worden sind.

Als größte Einschränkung wird oftmals die Erbschaftssteuer gesehen. Die Steuereinnahmen aus Erbschaftssteuer in Deutschland belaufen sich ganz grob, wie folgt, wobei hier nicht alle Jahre im Einzelnen aufgelistet werden:

2003 – 3,4 Milliarden,
2004 – 4,3 Milliarden,
2008 – 4,8 Milliarden,
2014 – 5,5 Milliarden,
2015 – 6,3 Milliarden,
2016 – 7,0 Milliarden,
2021 – ca. 12,00 Milliarden. Von einzelnen Parteien wird gefordert, dass die Steuern auf 100 Milliarden angehoben wird.

Die erhöhten Erbschaftssteuereinnahmen resultieren überwiegend aus der Steigerung der Immobilienwerte.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Entscheidung vom 07.11.2006 ausgeführt, was folgt:
Die durch § 19 Abs. I Erbschaftssteuergesetz angeordnete Erhebung der Erbschaftssteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Denn sie knüpft an Werte an, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteil an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genügt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet spätestens bis zum 31.12.2008 eine neue Regelung zu treffen. Bis zu dieser Neuregelung ist das bisherige Recht weiter anwendbar.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.2006 hat leider übersehen, dass für unterschiedliche Vermögensgegenstände doch sehr unterschiedliche Bewertungsmethoden erforderlich sind.

Dies sei demonstriert an folgendem Beispiel:
Der Erbe A erhält eine Million in Bargeld, es treffen ihn hieraus, mit Ausnahme der Erbschaftssteuerpflicht, keine sonstigen Verpflichtungen in Zukunft, mit Ausnahme der Versteuerung der Einnahmen unter die Einkommenssteuerregelungen.
Der Erbe, der allerdings ein Mietshaus in Wert von einer Million Euro erbt, hat für die Zukunft zahlreiche Verpflichtungen, die dazu führen können, dass aus dem ursprünglichen Wert von einer Million Euro in den nachfolgenden Jahren deutlich weniger wird, beispielsweise durch Sanierungsverpflichtungen u.a..

Es hätte also damals durchaus kritisch gesehen werden müssen.

Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings eine sehr wachsweiche Formulierung mit in die Entscheidung aufgenommen, die lautet wie folgt:
Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe in einem zweiten Schritt der Bemessungsgrundlagenermittlung mittels Verschonungsregeln den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände zu begünstigen. Die Begünstigungswirkungen müssen ausreichend zielgenau und innerhalb des Begünstigungskreises möglichst gleichmäßig eintreten.

Im Jahressteuergesetz 2022 wurde diese Regelung vollkommen negiert bzw. von der Regierung absichtlich oder unabsichtlich missachtet.

Im Erbschaftssteuergesetz aus dem Jahr 2009 kam es dann zu Folgendem:

  • Erhöhung der Freibeträge
  • Erhöhung der Steuertarife
  • Heranziehung des gemeinen Werts, auch bei Immobilien
  • Heranziehung des aktuellen Rückkaufswerts bei Lebensversicherungen
  • und sehr mageren Verschonungsregeln, gerade beim Immobilienvermögen und halbwegs vernünftigen Regelungen beim Betriebsvermögen.

Mehrfach hat dann das Bundesverfassungsgericht, so auch in seiner Entscheidung vom 17.12.2014, darauf gedrängt, dass es zu einer unkritischen Anpassung der Bewertungsregeln kommt.

Mit dieser Situation muss gelebt werden, obwohl sie falsch ist.

Wir verlassen nunmehr den Bereich des Erbschaftssteuerrechts und wenden uns den Grundbegriffen und Grundprinzipien des Erbrechts zu.

Es gibt folgende Grunddefinitionen:

Erblasser ist eine natürliche Person, durch deren Tod die Erbschaft auf den oder die Erben übergeht. Mit dem Erbfall endet die Rechtsfähigkeit der natürlichen Person.

Es muss also immer auf den Tod abgestellt werden.

Das deutsche Recht hat sogar Regelungen getroffen, wenn der Tod zwar angenommen wird aber nicht nachgewiesen werden kann. Es gibt dazu das Verschollenheitsgesetz.

Ein Verschollener kann hier unter den Voraussetzungen der §§ 3-7 in einem speziell geregelten Aufgebotsverfahren für Tod erklärt werden.

Prinzipiell ist es so, dass eine Todeserklärung als zulässig erachtet wird, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene nach den ermittelten Nachrichten noch gelebt hat, zehn Jahr, oder, wenn der Verschollene zur Zeit des Todeserklärung das 80. Lebensjahr vollendet hätte, fünf Jahre verstrichen sind.

Für unter 25-Jährige Erblasser gibt es keine Verschollenheitserklärung.

Auf die weiteren, möglichen Verschollenheitstatbestände möchte ich jedoch hier nicht eingehen.

In der Sekunde des Todes gehen nicht nur Vermögensgegenstände auf den oder die Erben über, sondern auch nach ursprünglicher Auffassung, Persönlichkeitsrechte.

Dieser Rechtsansicht ist allerdings in der Entscheidung des BGH, veröffentlicht in BGH Z50,133, eine Absage erteilt worden. Das postmortale Persönlichkeitsrecht ist nicht etwa ein Gegenstand des Erbrechts, sondern ein fortdauerndes Recht des Verstorbenen.

Es gab hierzu Entscheidungen zu den Fällen Mephisto und Marlene Dietrich.

Neben der Regelung im Grundgesetz und dem Bürgerlichen Gesetzbuch finden sich auch Regelungen, die im Zusammenhang mit dem Erbrecht, zum Beispiel im Bestattungsrecht. Im BGB ist lediglich die Kostenregelung nach § 1968 BGB geregelt und gegen denjenigen, der den Erblasser getötet hat, ein Ersatzanspruch für die Bestattungskosten i.S.d. § 844 BGB.

Es ist so, dass im Bestattungsrecht die Totensorge jeweils länderrechtlich geregelt worden ist.

Im Rahmen der Versterbenssituation ist auch immer mehr das Transplantationsgesetz zu beachten. In einer ersten Stufe muss hier der Tod des Organspenders festgestellt werden.

Nunmehr ist es so, dass die Entnahme von Organen unzulässig ist, wenn der Verstorbene der Organentnahme widersprochen hatte. Zusätzlich müssen die nächsten Angehörigen des Organspenders über die Organentnahme informiert werden.

Wenn nicht festgestellt werden kann, ob eine schriftliche Einwilligung oder ein schriftlicher Widerspruch bezüglich der Organentnahme vorliegt, müssen die Ärzte die nächsten Angehörigen vor der Organentnahme befragen. Anders als beispielsweise in Spanien findet eine Organentnahme so ohne weiteres von Staatswegen eben gerade nicht statt.

Im Rahmen des Bestattungsrechts ergibt sich natürlich auch die Frage, wie denn die Bestattung durchzuführen ist.
Es sei hier exemplarisch nur ausgeführt, dass es hier keine einheitliche Rechtsprechung bezüglich der Bestattungsart gibt.

Eine 19-jährige Tochter, die Alleinerbin war und zudem alleinige Bestattungsberechtigte war, wollte nach dem Willen ihres verstorbenen Vaters, dass dessen Leichnam verbrannt wird und dass hier aus dieser Asche ein Diamant erstellt wird.

Nachdem allerdings die Mutter des Toten erklärte, dass hier dies nicht in ihrem Sinne sei, entschied das Gericht, dass der Erblasser in Deutschland zu bestatten sei und dass hier in Deutschland prinzipiell Bestattungszwang herrscht, auch für die Asche eines Toten, das heißt wiederrum, dass die Asche nicht ins Ausland verbracht werden darf, um dort aus der Asche einen Diamanten zu pressen.

Ganz geringfügige Ausnahmen gibt es lediglich im Bereich der Seebestattung, etc.

Zusammenfassung:
Das Erbrecht ist geschützt durch Art. 14 GG, wobei jedoch die Erbschaftssteuer eine zulässige Einschränkung ist.
Einschränkungen gibt es bei der Bestattung.