Sozialhilferegress und Behindertentestament

Auch bei großem Nachlasswert ist ein sogenanntes Behindertentestament wirksam.

Das Landgericht Essen, Urteil vom 03.12.2015, Az. 2 O 321/14 hat entschieden, dass ein Behindertentestament auch dann wirksam bleibt, wenn der Nachlasswert sehr groß ist und auch aus dem Pflichtteil die Versorgung des Behinderten sichergestellt wäre.

Das Behindertentestament stellt keinen Verstoß gegen die guten Sitten gem. § 138 Abs. 1 BGB dar.

Interessant ist, dass das Landgericht Essen den Sachverhalt relativ genau beschrieben hatte.

„Ein Sozialhilfeträger kam für die Unterbringungskosten eines mental behinderten Abkömmlings auf.

Dieser war vom Erblasser gemäß einem Behindertentestament zum nichtbefreiten Vorerben eingesetzt.

Es war hier ungünstigerweise angeordnet, dass im Falle der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung angeordnet wurde, dass der Behinderte seinen Pflichtteil erhalten soll.“

Der Sozialhilfeträger vertrat die Auffassung, dass das Testament sittenwidrig und somit unwirksam sei.

Hier zeigt sich bereits, dass derartige Bedingungen in einer letztwilligen Verfügung an sich nichts verloren haben.

Im vorliegenden Fall war es so, dass der Pflichtteil in etwa 1 Mio. € ausgemacht hätte.

Der Sozialhilfeträger vertrat die Auffassung, dass mit dieser Million die Kosten der Unterbringung bis zum Lebensende ausgereicht hätten.

Das Landgericht hat entschieden, dass keine Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Alleinerben entstanden sind, sondern testamentarische Ansprüche. Das Landgericht Essen entschied sich somit gegen den Sozialhilfeträger.

Das Landgericht Essen hat im Urteil vom 03.12.2015, Az. 2 O 321/14, sich gegen den Sozialhilfeträger entschieden. Das Landgericht Essen hat in diesem Erbfall entschieden, dass dem Sozialhilfeträger keine übergeleiteten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Erben der Erblasserin zustehen.

Das Landgericht Essen hat entschieden, dass in diesem Erbfall das Behindertentestament wirksam gewesen sei.

Das Landgericht Essen musste kein juristisches Neuland betreten. Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 20.10.1993 die wesentlichen Grundlagen für die Vererbungssituation dargestellt. Das Landgericht Essen hat im Urteil vom 03.12.2015, Az. 2 O 321/14 im Wesentlichen auf das Urteil des BGH vom 20.10.1993, Az. IV ZR 231/92, Bezug genommen.

In letzter Zeit wird die Auffassung vertreten, dass bereits ein Vermögen von etwa 500.000,00 € ein beträchtliches Vermögen sei.

Dem ist das Landgericht Essen entgegengetreten.

Das Landgericht Essen hat zutreffend erkannt, dass ein Vermögen von etwa 1 Mio. noch nicht ausreichend sei.

Deswegen hatte das Landgericht Essen entschieden, dass das Testament wirksam sei.

Schlussfolgerungen:

Zahlreiche Autoren, (pensionierte Richter von Sozialgerichten u.a.) (die ihr Geld mit Autorenbeiträgen verdienen) vertreten die Auffassung, dass bei einem Pflichtteilsanspruch von etwa 250.000,00 € die Regelungen eines Handicaptestaments unwirksam sein sollen. Damit stehen sie aber ziemlich alleine.